Der Bildschirm von morgen ist eine Folie

Der Fernseher hängt an der Zimmerwand wie ein Gemälde. Im Vergleich zur gerahmten Leinwand ist er jedoch viel leichter. Kein Wunder: Die eingefasste Folie, die den Bildschirm bildet, ist nur Bruchteile eines Millimeters dünn -- vergleichbar mit einem menschlichen Haar. Der Betrachter des ultraflachen Displays kann auf einer Diagonale von 13 Zoll einen hoch aufgelösten und scharf kontrastierten Film oder eine Nachrichtensendung sehen. So könnte die nicht allzu ferne Zukunft aussehen, meint Karl Leo vom Institut für Angewandte Photophysik der Technischen Universität Dresden (IAPP).

Im Dezember ging im Dresdner Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (IPMS) die weltweit erste Anlage in Betrieb, die die neue Display-Generation in Serie fertigen kann. "Es ist eine Art vollautomatische Fließbandproduktion und hoch effizient", sagt Leo. Die maximale Größe der dort hergestellten Displays ist allerdings noch auf 30 mal 40 Zentimeter begrenzt.

So genannte organische Halbleiter gestatten den Forschern, in solche schmalen Dimensionen vorzustoßen und den Bildschirmen von morgen hauchzarte Konturen zu geben. Dabei werden extrem dünne Schichten organischer Moleküle auf ein Glassubstrat aufgedampft, die die Konzentration der beweglichen Elektronen steuern. Die Moleküle leuchten schließlich, wenn Strom fließt. Der Display funktioniert wie eine einzige große Leuchtdiode. Die Bildschirme haben den herkömmlichen Displays einiges voraus: kräftigere Farben und geringeren Energieverbrauch.

"Die organischen Halbleiter können preisgünstig auf große Flächen aufgebracht werden", zählt Leo einen der Vorteile auf. Damit wird die Folie zum Display. "Dann hätten wir einen biegsamen Bildschirm, auch wenn seine Lebensdauer derzeit noch nicht konkurrenzfähig ist", sagt Leo. Mehrere tausend Stunden Betriebszeit seien einfach noch nicht ausreichend. Mit der noch jungen Halbleitergeneration beschäftigt sich die Hälfte der 40 Mitarbeiter Leos.

Bislang ist der praktische Einsatz vor allem auf Handys und die Automobilindustrie begrenzt. Leo sieht für die neuartige Technologie aber ein weites Anwendungsfeld. "Damit können wir auch Solarzellen ausstatten." Ein Traum wäre eine solche Zelle mit einem Wirkungsgrad von 20 Prozent und einer Betriebsdauer von 30 Jahren. "Derzeit liegen wir bei zwei Prozent und einem Monat", räumt der 42-Jährige ein. Könnte er sein Ziel verwirklichen, wäre die Herstellung von Wasserstoff durch Sonnenenergie in greifbare Nähe gerückt -- zumindest der Anfang vom Ende fossiler Energiegewinnung. "Erdöl ist ein guter Rohstoff, doch wir verfeuern ihn", sagt Leo.

Für die dünnen Displays rückt die Zukunft dagegen in greifbare Nähe. Leo will die Produktion der Bildschirme nach Dresden holen. "Noch werden etwa 97 Prozent der herkömmlichen Flachdisplays in Asien hergestellt", sagt er. Die organischen Leuchtdioden -- "Organic Light-Emitting Diodes" (OLED) -- seien die Chance, Terrain zurückzugewinnen. Diese Perspektive liest sich in Zahlen etwa so: Der weltweite Umsatz mit OLED lag 2002 bei rund 80 Millionen US-Dollar (68,85 Millionen Euro). Analysten prognostizieren bis 2008 einen Anstieg auf bis zu 2,3 Milliarden US-Dollar (1,98 Milliarden Euro). Leo weiß um diese Möglichkeiten, und er ist am Drücker: "Der Kontakt mit dem weltgrößten Lieferanten für Autodisplays ist bereits geknüpft."

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